Warum ich Vereinbarungen rund um Feldversuche schriftlich festhalten sollte:
Ich stehe gemeinsam mit dem Landwirt auf dessen Feld, der Regen strömt, es ist kalt. Ich habe ihm erklärt, welche Messungen ich in der Erde seines Ackers durchführen möchte und wofür. Dass die Ergebnisse dann später in einem Fachrepositorium veröffentlicht werden und dass er für die Erlaubnis der Nutzung seines Ackers eine „Aufwandsentschädigung“ in Höhe von 100 Euro erhält. Er nickt mir – zustimmend brummend- zu. Kein Problem, Handschlag drauf.
Kein Problem, denke ich, als ich meine Instrumente auf dem Feld aufbaue. Kein Problem, als ich meine Ergebnisse über mehrere Monate in einer Excel Tabelle fein säuberlich festhalte. Kein Problem, als ich eines Tages zu dem Feld zurückkehre und der Landwirt mir mitteilt, er habe sich das nochmal durch den Kopf gehen lassen und sei jetzt doch nicht mehr mit der Durchführung und Veröffentlichung der Ergebnisse einverstanden. Schließlich sei es ja sein Feld und er habe ja auch nie gewusst, was meine Forschung konkret für ihn und seinen Betrieb bedeutet. Ich solle meine Ergebnisse löschen und von dannen ziehen.
Darf er das?
Betrachtet man den oben geschilderten Vorgang aus rechtlicher Sicht, kann man in den Vereinbarungen gut vertretbar den Abschluss eines Vertrages annehmen. Denn unabhängig davon, wie man den Vertrag rechtlich kategorisiert, sind alle wichtigen Vertragsbestandteile, auch essentialia negotii, vorhanden: Der Gegenstand des Vertrags: die Nutzung seines Eigentums für einen zuvor festgelegten Zeitraum, die Vertragsparteien (er und ich) und schließlich auch die Gegenleistung in Gestalt der Aufwandsentschädigung.
Die im Zivilrecht bestehende Vertragsfreiheit (auch Privatautonomie) verpflichtet mich auch grundsätzlich nicht dazu, einen Vertrag schriftlich zu schließen. Es ist für die Wirksamkeit völlig ausreichend, dass eine Partei der anderen ein Angebot unterbreitet, welches die oben genannten Mindestanforderungen enthält und die andere Partei dieses mit einem Ja (oder Kopfnicken) annimmt. Das war’s. So schnell schließt man Verträge (grundsätzlich).
Stünde nun ein Zeuge (oder sogar ganz optimal der Zivilrichter selbst) beim Vertragsschluss mit mir und dem Landwirt auf dem Acker und sähe unsere Vereinbarung mit eigenen Augen, könnte er – auch vor Gericht – dem Landwirt entgegnen, dass dieser sich nicht einfach so, ohne triftigen Grund, von dem Vertrag lösen kann. Aber hier liegt auch schon der Hund (auf dem Acker) begraben: ich habe nicht stets einen Zivilrichter in meiner Jackentasche, den ich für den Abschluss eines mündlichen Vertrags heraufbeschwören kann. Und auch andere Zeugen bieten keine Garantie dafür, dass ich vor Gericht Recht bekomme, sollte es zu einem Rechtsstreit kommen.
Wie löse ich dieses Problem?
Die Lösung schreibt sich wortwörtlich selbst: Ich verschriftliche mein Anliegen und lasse den Landwirt dieses unterzeichnen. Dies schafft nicht nur Sicherheit für mich im „worst case“.
Es erhöht auch das Vertrauen des Landwirtes darin, dass ich wirklich nur die im Vertrag festgelegten Handlungen vornehme und auch seine Interessen schütze. Es erhöht die Transparenz, was wiederum zu einer höheren Bereitschaft führt, auch zukünftig Versuche auf
seinem Feld durchzuführen. Und so schaffe ich am Ende doch noch den Zustand: „Ende gut, alles gut“.
Lea Singson, FAIRagro Helpdesk (FZI Karlsruhe)
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